Was ist Rollenspiel? 3

Was ist Rollenspiel?


Einleitung

Im folgenden wird Rollenspiel und Live-Rollenspiel in sehr vereinfachter Form besprochen, so daß es auch als Außenstehender verständlich ist, der nicht diesem Hobby frönt.

Was ist Rollenspiel?

Ein gängiger Erklärungsansatz…

Viele, die Rollenspiel zu erklären versuchen, bringen das Beispiel mit einem Buch:

„Stellen Sie sich vor, Sie lesen ein spannendes Buch. Während des Lesens wissen Sie vorher nicht, was im Verlauf der Geschichte passieren wird.
Und wie oft passiert es Ihnen, daß Sie sich in der Situation der Hauptperson des Buches anders verhalten würden, als diese es tut.
Stellen Sie sich als nächstes vor, Sie könnten sämtliche Aktionen dieser Hauptperson selber bestimmen. Sie könnten bestimmen, was die Hauptperson sagt und wie sie handelt.
Leider ist ein Buch in diesem Punkt sehr inflexibel, schließlich hat es einen festen Ablauf. Stellen Sie sich nun vor, daß der Autor des Buches persönlich anwesend ist. Er kennt die Geschichte und kann am ehesten beurteilen, wie die Handlung weiterlaufen würde, wenn sich die Hauptperson in einem bestimmten Moment zu etwas anderem entschlösse.
Im Rollenspiel sind Sie der Spieler der Hauptperson, der Autor der Spielleiter.
Letztlich ist das ganze eine Unterhaltung zwischen dem Autor und Ihnen. Sie übernehmen die Rolle der Hauptperson und sagen, was diese tut. Der Autor, der die Geschichte zumindest vom ´normalen´ Verlauf her kennt, reagiert auf Ihre Aktionen mit einem neuem Handlungsverlauf.
Da es in einem Buch meist noch weitere Hauptpersonen gibt, stellen Sie sich einfach vor, daß diese Rollen von Ihren Mitspielern übernommen werden.
Auf diese Weise können sämtliche Spieler als Hauptpersonen der Geschichte interagieren. Der Spielleiter übernimmt alle anderen in der Geschichte auftauchenden Personen bzw. Nebenrollen und die Weiterführung derselben in deren Reaktion auf die Aktionen der Hauptpersonen.
Spieler wie auch Spielleiter schlüpfen in diesem Spiel also in die Rolle einer ausgedachten Person, daher der Name Rollenspiel.“

Wie läuft das Spiel ab?

Ein weiterer Erklärungsansatz…

Rollenspiel zählt zu den Gesellschaftsspielen. Man spielt es zu mehreren in gemütlicher Runde. Die Idee des Spieles ist es, gemeinsam eine Geschichte zu erleben, wobei jeder Spieler eine der Hauptpersonen („Charaktere“) der Geschichte spielt.

Vor dem Spiel wird ein Spielleiter bestimmt. Dieser denkt sich – ähnlich wie ein Buchautor – bereits vor dem ersten Treffen mit den Spielern das Grundgerippe einer Geschichte aus. Dieses Grundgerippe ist noch keine abgeschlossene Geschichte. Es hat noch keinen genau festgelegten Ablauf und auch kein Ende. Nur die wichtigsten Handlungselemente stehen weitgehend fest. Während des Spiels muss ständig improvisiert werden, daher kommen im Laufe der Zeit weitere Handlungselemente hinzu.

Der Spielleiter teilt den Spielern vor dem Spiel mit, welcher Art die Geschichte sein soll. Manchmal wird das auch vorher gemeinsam bestimmt.

So eine Geschichte kann an beliebigen Orten und zu beliebigen Zeiten spielen. Es kann ein Abenteuer im wilden Mittelalter sein, ein Krimi, ein Science-Fiction, Fantasy, eine Geschichte um Politik, Liebe, Geheimnisse, Abenteuer, Erforschung etc… Wie in einem normalen Roman ist alles mögliche als Hintergrund verwendbar.

Meines Wissens nutzen viele Spielgruppen „Fantasy“ als Hintergrund, da es dort die meisten Möglichkeiten gibt, Geheimnisse, Mystik, Heldentaten, Liebe, Tod, Phantasie und Abenteuer zu erleben.

Alle Personen, die in der Geschichte auftauchen sollen, bezeichnet man als Charaktere. Der Begriff stammt aus den englischen Regelwerken und steht für die Rolle. Jeder Spieler denkt sich seinen eigenen Charakter mit einer Hintergrundgeschichte aus. Zu dieser gehören unter anderem der Beruf, die körperlichen Attribute (z.B. Körpergröße, Erscheinungsbild, Stärke, Geschicklichkeit etc.), erlernte Fertigkeiten (Tanzen, Nähen, Reiten etc.) und eine Vorgeschichte (wo geboren, Alter, bisher erlebtes etc.).

Diese ausgedachten Charaktere müssen nicht unbedingt etwas mit den wirklichen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Spielers zu tun haben. Beim Darstellen des Charakters legen aber viele Spieler auch etwas ihrer eigenen Persönlichkeit hinein. Humor soll hier nur als ein Beispiel genannt sein.

Da in einem Buch in der Regel nicht nur ein paar Charaktere auftauchen, schlüpft der Spielleiter bei Bedarf in die Charaktere aller anderen Personen. Außerdem ist er zuständig für alle Beschreibungen von Schauplätzen.

Wenn die Spieler sich beispielsweise dazu entschließen, daß ihre Charaktere in der Geschichte eine Bar betreten, spielt der Spielleiter sämtliche anderen anwesenden Personen (beispielsweise den Wirt, die Wirtin, die Bedienung und natürlich die anderen Gäste).

Konkret

Wenn alle zusammensitzen und die Spieler ihre Charaktere vorbereitet haben, dann gibt der Spielleiter eine Einleitung für die Geschichte. Das kann man sich vorstellen wie in einem Abenteuerroman, der in der Ich-Form geschrieben ist: den Spielern ist nur das Vorwissen bekannt, das ihre Charaktere durch das bisher Erlebte haben. Was sie genau vor Beginn der Geschichte an Erfahrungen gemacht haben, hat der Spielleiter entweder alleine festgelegt oder vorher zusammen mit dem jeweiligen Spieler ausgearbeitet. Die Einleitung soll die Spieler zu der Stelle führen, an der sie ihre Charaktere das erste Mal agieren lassen, und dient auch zum Erzeugen von Neugier (auf das bevorstehende Abenteuer) und Spannung.

An dieser Stelle stellen sich jetzt viele Außenstehende vor, daß die Spieler wie Schauspieler im „Freien Theater“ bzw „Improvisations-Theater“ ihre Charaktere ausspielen. Das ist nur halb richtig. Als Rollenspieler beschreibt man normalerweise nur mit Worten, Mimik und Gestik, was der Charakter sagt und tut.

Ein kleines Beispiel:

Spielleiter: „Wenn Ihr die Tür zur Bar öffnet, schlägt Euch warme, verrauchte Luft ins Gesicht. Der Raum ist acht Meter breit und zehn Meter lang. Die Wände sind holzvertäfelt und mit Bildern von alten Schiffen verziert. Fünf der sieben Tische sind von insgesamt vierzehn Gästen besetzt. Ein Kellner bringt gerade Bier an einen der Tische. Eine Frau – um die 40 Jahre alt – steht hinter der Theke und wäscht Gläser.“

Spieler A: „Ich betrete den Raum und gehe geradewegs auf die Theke zu.“

Spieler B: „Auch ich gehe in den Raum und schaue mir die Gäste genauer an. Kenne ich einen der Gäste?“

Spielleiter: „Wenn Ihr hereinkommt, sehen einige Gäste kurz auf, widmen sich dann aber wieder ihren Gesprächen. Du erkennst niemanden.“

Spieler A: „Ich sage zu der Frau: ´Mein Name ist Korten. Ich bin mit meinen Freunden auf der Suche nach einem Fischer. Sein Name ist Goldruh. Kennen Sie ihn?´

Spielleiter: „´Goldruh? Mhhh, warten Sie… Was wollen Sie denn von ihm?´

Spieler A: „´Wir sind im Auftrag seiner Tochter hier. Sie kann ihn per Brief nicht mehr erreichen und hat uns beauftragt, Ihren Vater zu finden.´“

Spielleiter: „Die Frau schaut Dich einen Moment durchdringend an. ´Zuletzt war er vorgestern hier, ist dann aber früh gegangen. Er wohnt unten am Kai.´

Spieler B zu A: „Komm. Wir gehen zum Kai.“

… usw. …

Schon in diesem kurzen Beispiel kann man sehen, wie sich eine kleine Geschichte entwickelt. Durch die Beschreibung dessen, was die Charaktere sagen und wie sie handeln, entsteht ein Handlungsfluß.

Damit bleibt eigentlich nur noch die Frage offen, wie man Situationen in der Geschichte abwickelt, die mit z.B. körperlichen Aktionen zu tun haben.

Wenn beispielsweise ein Spieler seinen Charakter ein Regenwasserrohr hochklettern lässt, wer entscheidet, ob ihm das gelingt?
Für den Spielleiter wäre dies eine undankbare Aufgabe, da er beim Rollenspiel möglichst eine neutrale Position einnehmen soll.
Aus diesem Grund und zur Erhöhung der Spannung existieren auf dem Spielemarkt Regeln für Rollenspiel. Der Ausgang einer unbestimmten Situation wird normalerweise mit dem Würfel bestimmt. Wie auch bei anderen Spielen muss der Spieler zum Gelingen einer Aktion eine bestimmte Augenzahl unter- oder überwürfeln. Auf diese Weise hat man ein Zufallsmoment, das Spannung im Spiel erzeugt.
Es gibt eine Vielzahl verschiedener Regelwerke auf dem Markt, die für unterschiedliche Arten von Geschichten geeignet sind.

Wenn man als Außenstehender einmal bei einer durchschnittlichen Rollenspielrunde zuhört oder mitmacht, wird man feststellen, dass die gespielten Geschichten oft – aber nicht immer – mit Gewalt zu tun haben. Vor allem für jüngere Spielern ist es meist faszinierender, Abenteuer mit Schwert und Schild zu erleben als Rollenspiel auf Basis von Gesprächen und das beschreibende Darstellen der Charaktere. In solchen Geschichten geht es dann oft um Monster und Gefahren, derer man sich im Laufe des Spieles durch Kämpfe entledigt. Oft werden zur Darstellung von solchen Kampfszenarien kleine Zinnfiguren zur Hilfe genommen.
Spielrunden mit älteren Spielern bevorzugen meist eine Mischung aus beidem, also Abenteuer, aber mit schönem Rollenspiel der Charaktere in Hinblick auf eine gute Geschichte.

Ein Rollenspielabenteuer eignet sich normalerweise nicht dazu, es am Ende aufzuschreiben und als Buch herauszubringen. Man sollte bedenken, daß alles während des Spiel improvisiert wird, daher nur wenig Qualität, aber viel Spielspaß dabei herauskommt. Ein Buchautor hat sehr viel mehr Zeit, über die Charaktere im Buch und ihre Handlungen nachzudenken.

Was macht am Rollenspiel Spaß?

Der faszinierendste Aspekt am Rollenspiel ist sicherlich die Möglichkeit, mit viel Kreativität in eine fremde Rolle zu schlüpfen und diese darzustellen. Rollenspiel bietet Spaß in geselliger Runde, Kommunikation, Gruppendynamik, Spannung, Abenteuer und die Möglichkeit, für den Spielabend aus den Alltagsproblemen auszubrechen.

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Was ist Liverollenspiel?

Das Liverollenspiel ist eine Variante des normalen Rollenspiels. Bei diesem Spiel rückt der Aspekt des Schauspielens und der „Action“ in den Vordergrund. Es hilft dabei vielleicht die Vorstellung von den heutzutage immer öfter stattfindenden Mittelaltermärkten. Die Teilnehmer schlüpfen in ein Kostüm und bemühen sich, ihre Rollen glaubwürdig darzustellen.

Beim Liverollenspiel herrschen die Fantasy-Geschichten und inzwischen auch Vampire-Live (siehe Lidias Artikel) vor. Wenn man also im Wald Menschen sieht, die sich mittelalterlich oder einfach phantasievoll verkleidet haben, dann hat man es meistens mit Fantasy-Liverollenspielern zutun, Menschen in dunkler/barocker Kleidung könnten Vampire-Live-Spieler sein.

Für Liverollenspiele existieren sehr strenge Regeln, die die Sicherheit des einzelnen Teilnehmers garantieren. So werden zum Beispiel Polsterwaffen verwendet, sollte es zu Kampfsituationen kommen. Körperlicher Kampf wie auch Kopf- und Halstreffer mit einer Polsterwaffe sind bis auf abgesprochene Ausnahmen verboten. Vergleicht man die Sicherheit von Liverollenspiel mit der von bekannten Sportarten wie Fußball, Handball oder Skifahren, so sind letztere bei weitem gefährlicher.

Liverollenspiele finden oft mit 100-300 Teilnehmern auf einer Burg und in deren Umgebung statt. Die Burg stellt dabei meist die Stadt dar, in der Adel, Händler, Gaukler und andere Bewohner leben. Außerhalb der Stadt zelten die Spieler, die die Besucher der Stadt spielen. Je nach Rolle haben die Spieler unterschiedliche Aufgaben. Das kann politisches Intrigenspiel, das Aufspüren von Artefakten oder der Schutz eines Edelmannes vor Attentaten sein, genauso aber auch weniger spektakuläre Dinge wie Handel treiben, Gästebetreuung als Wirt, Wahrsager etc.
Vor allem steht aber der Aspekt „Abenteuer“ beim Liverollenspiel im Vordergrund.

Liverollenspieler sind gerne unter sich. Bei dieser Art Spiel stört es die Atmosphäre sehr, wenn Touristen in den Spielszenen herumlaufen, mit den Spielern reden wollen oder sogar die privaten Zelte betreten. In der Regel wird man als Außenstehender dennoch freundlich behandelt.

Eine weitere Faszination am Liverollenspiel ist sicherlich auch das Basteln und Schneidern von Kostümen, Kostümteilen und Requisiten.

Das kann zwar ganz schön ins Geld gehen, hängt aber wie bei anderen Hobbys auch von den Vorlieben ab. Wenn es dem Geldbeutel nicht gut geht, muß man ja nicht unbedingt gleich einen noblen Ritter mit teurem Kostüm (Kettenhemd/Plattenpanzer etc.) spielen. Es gibt viele schöne Rollen, die man mit wenig Geld und einem einfachen Kostüm darstellen kann.

Die Kosten des einzelnen Teilnehmers, an einem nichtkommerziellen Liverollenspiel teilnehmen zu können, sind sehr niedrig. Normalerweise kostet z.B. ein Spiel über 6 Tage mit Vollverpflegung, Burgmiete, Requisiten der Spielleitung etc. um die 200,- bis 250,- DM.

Was macht am Liverollenspiel Spaß?

Beim Liverollenspiel bewirken sehr ähnliche Gründe den Spielspaß wie beim normalen Rollenspiel am Tisch. Darüber hinaus hat man bei diesem Spiel die Möglichkeit, aus den Städten herauszukommen und für ein paar Tage in der Natur zu zelten. Ebenso sind das Basteln der Kostüme und Requisiten, körperliche Bewegung, das kämpferische Messen mit anderen Spielern und vor allem die Möglichkeit des Schauspielens weitere Punkte, die zum persönlichen Spielspaß beitragen.

Wer spielt Rollenspiel und Liverollenspiel?

In Deutschland spielen um die 200.000 Menschen Rollenspiel und einige tausend Menschen Liverollenspiel.

Rollenspieler sind in der Regel zwischen 12 und 50 Jahren alt, der Durchschnitt liegt wohl inzwischen bei 25. Da einige Liverollenspiele unter anderem wegen der Haftung erst ab 18 Jahren und die Kosten und Fahrentfernungen zu einem Spiel oft groß sind, geht die Tendenz auf ein Alter von 30 zu. Der älteste mir bekannte Teilnehmer war 72 Jahre alt.

Worin besteht die berechtigte Kritik am Rollenspiel?

Rollenspiel macht sehr viel Spaß. Man entkommt für die Stunden des Spieles den Alltagssorgen, vergisst den Stress und kann sich in einer Rolle entfalten. Im Rollenspiel sind Probleme lösbar. Man hat Erfolgserlebnisse, die man im wirklichen Alltag normalerweise in dieser Form nicht hat. Oft identifiziert man sich mit seiner Rolle, die sehr viel einflussreicher und begabter ist, als man selbst im wirklichen Leben. Genau da liegt auch die Gefahr.

Solange man Rollenspiel als Spiel sieht, als Möglichkeit, sich zu entspannen, Spaß zu haben, Abenteuer zu erleben, kreativ zu sein und mit anderen gesellig zu kommunizieren, ist es meiner Meinung nach eines der produktivsten Spiele auf dem Markt.

Wenn es jedoch dazu benutzt wird, über eine Unterhaltungsfunktion hinaus zu einer Ersatzwelt zu werden, also zur Realitätsflucht verwendet wird, dann wird es langsam gefährlich. In diesem Fall bietet das Spiel ein großes Suchtpotential. Ähnlich wie viele Menschen sich vom Fernsehen berieseln lassen, anstatt mit Freunden oder Partner über ihre Probleme zu reden.

Zusammengefasst sind Rollenspiele wie auch Liverollenspiele für labile Menschen nicht geeignet. All dies trifft auf Fernsehen, Alkohol und vergleichbares in ähnlicher Weise zu:

In Maßen ist es schön, in Massen nicht!

Wenn ein Mensch tagein, tagaus Rollenspiel spielt und Schule, Partner, Beruf und wirkliche Probleme vernachlässigt, dann ist Rollenspiel für ihn nicht geeignet sondern richtet Schaden an.

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Worin besteht die unberechtigte Kritik am Rollenspiel?

Okkultismus: In einigen Rollenspielregelwerken tauchen Elemente auf, die vor allem von kirchlicher Seite als Okkultismus bezeichnet werden. In Rollenspielen mit einer Fantasywelt als Hintergrund (angelehnt an J.R.R. Tolkiens „Der kleine Hobbit“ und der „Herr der Ringe“ ist es zum Beispiel möglich, einen Zauberer zu spielen. Es können Monster, Dämonen und Magie in der Geschichte auftauchen etc.
Ebenso gibt es Regelwerke, die das Genre „Horror“ als Abenteuergrundlage verwenden. Auch hier existieren viele Elemente, die dem Bereich Okkultismus zugerechnet werden.
Bei all diesen Dingen geht es ähnlich wie in Filmen um Elemente einer Geschichte. Diese Elemente sollen Atmosphäre und Spannung hervorrufen. Es finden nicht tatsächlich irgendwelche ernstgemeinten Rituale statt. Daher bezeichne ich solche Vorwürfe als Panikmache und Sensationslust der Kirche und Presse. Wenn ein Mensch sich durch Rollenspiele auch mit wirklichem Okkultimus beschäftigt, dann handelt es sich um einen Einzelfall. Man müsste einem solchen Menschen präventiv auch alle Filme oder Romane verbieten, in denen Okkultes vorkommt. Solche Fälle zu verallgemeinern ist also unsinnig.

Sekten: Es hat bislang nur eine Sekte versucht, über Werbeanzeigen in Rollenspielmagazinen („Sie nutzen nur 10% Ihres geistigen Potentials“) an Rollenspieler heranzukommen: Scientology. Durch Proteste von Seiten der Rollenspieler (!) gegenüber den Verlagen wurden bis heute keine Anzeigen der Scientologen mehr angenommen. In einigen Magazinen wurde daraufhin darüber aufgeklärt, was Scientology ist. Auf diese Weise wurden damit jene Leser vorgewarnt, die bis dahin noch nichts davon gehört haben. Ähnlich erging es übrigens auch bekannten Computer- und Kinozeitschriften („Computerwoche“, „Cinema“ u.a.m.), die auf Druck der Leser Scientology-Anzeigen herausgenommen haben. Dieses Problem betrifft also nicht nur die Szene der Rollenspieler. Im Fall der Zeitschrift „Cinema“ waren es Rollenspieler, die den Verlag aufgeklärt haben.
Der Gründer der Scientology, L. Ron Hubbard, war Science-Fiction-Autor. Daher wird Scientology immer wieder mal versuchen, im Kino- und Computerbereich sowie in der Science-Fiction- und Fantasy-Szene für sich Werbung zu machen. Erfahrungsgemäß vergeblich.
Ein weiterer Vorwurf in Bezug auf Sekten und Rollenspiel kommt von einigen Psychologen. Diese meinen erkannt zu haben, dass das Rollenspiel selbst sich sektenartiger Elemente bedient:
„In einer Rollenspielgruppe gibt es einen Spielleiter (Vergleich Sektenführer / Guru), der Macht über die Spieler hat. Die Gruppe hat Außenstehenden gegenüber unbekannte Regeln, schottet sich damit ab, und man kann sich von der Gruppe nicht lösen.“
Wer die Rollenspielpraxis kennt, weiß, dass diese Vorwürfe das Spiel maßlos entstellen und unfair sind. Missbrauch ist immer und überall im Leben möglich. Diesen aber zu verallgemeinern, zeigt, dass da entweder jemand Sensationen braucht oder sich selbst produzieren will.
Wenn ein Spielleiter im Spiel unfair wird, dann kann die Gruppe ihn absetzen. Wenn man mit der Meinung über den schlechten Spielleiter alleine steht, sucht man sich in Zukunft nettere Leute, mit denen man spielt. Das ist in einer Skatrunde, wo der Kartengeber schummelt, nicht anders. Man kann sich auch darauf einigen, dass alle paar Wochen jemand anderes in der Runde Spielleiter macht.
Die Regeln zum Rollenspiel kann man sich in jedem Kaufhaus oder Spiele-Laden holen. Der Vorwurf, als Rollenspieler schotte man sich durch unbekannte Regeln ab, ist somit falsch.

Allgemeines: Oftmals wird auch die Mentalität von Rollenspielern kritisiert: „Da sitzen mehre Leute stundenlang an einem Spiel und sprechen manchmal noch Tage später mit Begeisterung von ihren Abenteuern.“
Es wäre schön, wenn heutzutage auch der Durchschnittsbürger noch von sich sagen könnte, dass er sich von etwas wirklich begeistern lässt. Viele setzen sich Abends ganz konventionell vor den Fernseher und konsumieren passiv. Auch auf andere Tätigkeiten, zu denen man sich nach Feierabend oder am Wochenende hinreißen lässt, passt eher die Bezeichnung „langweiliger Trott“, als dass sie einem wirklich etwas geben.

Einige Fachausdrücke

Im Rollenspiel gibt es eine Vielzahl von Fachausdrücken, die von den Regelwerken geprägt wurden. Viele davon wurden inzwischen ins Deutsche übersetzt, es werden aber oft noch die englischen Ausdrücke verwendet.

Einige der gängigsten Wörter nun im einzelnen:

Charakter Rolle / vom Spieler gespielte Person

CON Convention = Treffen von vielen Rollenspielern in gemieteten Räumlichkeiten. Dort werden dann an vielen Tischen verschiedene Rollenspiele, Brettspiele und kleine Con-Liverollenspiele gespielt. Ebenso werden Bilder, Zeichnungen und Zinnfiguren ausgestellt. Einer der größten CONs war vor 8 Jahren der STARD in Hamburg mit 2000 Rollenspielern, der jetzt durch den START und dann durch den Nord-Con ersetzt wurde.

Damage Schadenspunkte.

DM Dungeonmaster/Master/Meister = Bezeichnung in alten Regelwerken für den Spielleiter. Wird von langjährigen Spielern oft noch aus traditionellen Gründen verwendet.

Event Vorkommnis = eine vom Spielleiter vorher geplante wichtige Begebenheit, die dann während des Spiels auftritt. Das kann die Begegnung mit einem wichtigen NSC, ein Überfall oder allgemeine Würze für die Geschichte sein.

Fertigkeit Eine – meist erlernte – Fertigkeit wie z.B.: Schwimmen, Reiten, Sprachen sprechen, Lesen/Schreiben etc.

GM Gamemaster = Bezeichnung in alten Regelwerken für den Spielleiter.

HitPoints Lebenspunkte.

LARP/LRPG LiveActionRolePlayingGame = Liverollenspiel.

Lebenspunkte Maßeinheit für den körperlichen Gesundheitszustand des gespielten Charakters. Wenn diese Punkte, z.B. durch körperlich zugefügten Schaden, Krankheit o.ä., den Wert Null erreichen, dann stirbt der Charakter.

Master Bezeichnung in alten Regelwerken für den Spielleiter.

Meister Bezeichnung u.a. in dem Regelwerk DSA (Das schwarze Auge) für den Spielleiter.

Modul Vom Spielleiter vorbereitetes Grundgerippe einer Geschichte.

NPC NonPlayingCharakter = NSC.

NSC NichtSpielerCharaktere = alle Charaktere, die vom Spielleiter gespielt werden.

Regelwerk Spielanleitung für ein Rollenspiel. Eine kleine Auswahl von Regelwerken:
AD&D Advanced Dungeons &  Dragons
D&D Dungeons & Dragons
DSA Das Schwarze Auge
MERS Mittel-Erde Rollenspiel-System
PP&P Power, Plüsch und Plunder
RM RoleMaster
RQ Runequest
SR Shadowrun
usw.

Rettungswurf Augenzahl des Würfels, die unter- oder überwürfelt werden muß, um die Wirkung einer Magie o.a. zu mindern oder neutralisieren, bzw. einer Gefahr auszuweichen.

RPG RolePlayingGame = Rollenspiel.

Saving Throw/Resistance Roll

Rettungswurf.

Schaden/Schadenspunkte

Körperlicher Schaden, der dem gespielten Charakter zugefügt wird.

Skill Fertigkeit.

System Regelwerk.


©Dieser Artikel stammt noch aus Chronik 1 oder aus GboD Zeit und ist vom19.12.1994, von Michael Bock, überarbeitet 22.02.2000) verfasst.


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